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SEBASTIAN STEUDE
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Die Wälder von Kranjska

Da ein gebrochener Finger die geplante Tatra-Überschreitung in der Slowakei vereitelt, entscheiden wir uns spontan dafür, eine Woche in Südslowenien zu verbringen, um die umliegenden Wälder auf entspannten Wanderungen zu erkunden.

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Wir übernachten in einem Gasthaus in Loški Potok, einem typischen kleinen slowenischen Dorf unweit der kroatischen Grenze mit großer Kirche und vor allem viel Natur drum herum. Unsere äußerst nette Gastgeberin Anica begrüßt uns herzlich und erzählt uns sogleich in bestem Deutsch die Geschichte eines jungen Bären, der vor zwei Jahren jeden Tag auf der gegenüberliegenden Wiese auftauchte. Und wiedermal sind wir beeindruckt, wie entspannt die Slowenen mit ihren heimischen Raubtieren umgehen. Auch wir werden die nächsten Tage immer wieder auf Hinterlassenschaften der Braunbären stoßen: Kothaufen, abgeschabte Baumrinde und vor allem viele Fußabdrücke in der von den Gewittern aufgeweichten Erde.

Eine erste Wanderung führt uns durch den nordwestlichen Teil der Velika gora zum alten Partisanenunterschlupf Ogenca. Wie ein Großteil des gesamten Balkans waren auch die Wälder um Kočevje im 2. Weltkrieg schwer umkämpft und Partisanengruppen führten gegen die deutschen und italienischen Besatzer einen erbitterten Guerillakrieg. Immer wieder sehen wir Grabsteine und Gedenkstätten am Wegesrand, in den tiefen, dunklen Dolinen des Hornwaldes wurden nach Kriegsende Massengräber entdeckt und auch viele verlassene Siedlungen in den unzugänglichen Waldgebieten sind Zeuge der Gräueltaten während des 2. Weltkrieges. Durch ein ebensolches verlassenes Dorf kommen wir kurze Zeit später. Plötzlich öffnet sich der Wald und wir stehen auf einer großen Lichtung. Zerstreut über die grüne Wiese liegen eine Handvoll halb verfallene Häuser.

Wir entscheiden uns, noch einen Abstecher auf den nahen, 1.255 Meter hohen Debeli vrh zu unternehmen. Weglos steigen wir über seine steile, steinige Nordostflanke empor, als es zu nieseln beginnt. Gerade als wir das große Gipfelplateau erreichen, wird der Regen stärker und urplötzlich bricht ein heftiges Gewitter los. Völlig überrascht suchen wir in einer nahen Senke Schutz. In geduckter Hocke kauern wir im starken Regen einige Meter voneinander entfernt und harren der Dinge. Drei Mal schlägt ein Blitz in unmittelbar Nähe ein. Auf das helle Aufleuchten folgt im gleichen Moment ein ohrenbetäubender Schlag, dann lässt der Regen etwas nach und das Unwetter zieht langsam weiter. Völlig durchnässt steigen wir aus der Senke und beginnen sogleich mit dem Abstieg zurück ins Tal.

Am nächsten Morgen zeigt sich das Wetter bereits wieder von seiner besten Seite, als wir am frühen Morgen Richtung Kočevje fahren. Eine offizielle Straße, die eher einem mittelmäßigen Forstweg gleicht, führt uns eine Stunde lang durch tiefsten Wald. Jederzeit rechnen wir damit, dass irgendwo ein umgestürzter Baum den Weg blockiert und uns zur Umkehr zwingt. Gegenverkehr wäre auf der immer enger werdenden Straße genauso schlimm. Links ist die Böschung, rechts fällt das Gelände steil in eine Schlucht ab und Ausweichstellen sind Fehlanzeige. Vorsichtig fahren wir um die engen Kurven und sind froh, als wir endlich den abgelegenen Wanderparkplatz erreichen. Der Blumenmarkierung folgend, steigen wir einen steilen Hang empor und tauchen in die wilde Welt des Krokar-Urwaldes ein. Als einer der ersten slowenischen Wälder wurde das Gebiet Mitte des 19. Jahrhunderts unter Schutz gestellt und jegliche Nutzung verboten - was wir sofort merken, als wir über die ersten uralten, umgestürzten Buchenstämme klettern müssen. Aber genau dies gibt der Wanderung einen gewissen Reiz! Nirgendwo gibt es einen glatt abgeschnittenen oder beiseite geräumten Baumstamm zu sehen. Allein die Natur gibt den Takt des Verfalls vor. Windwurfflächen, in denen zahlreiche Pilze eifrig dabei sind das alte Holz zu zersetzen, wechseln sich ab mit Stellen, an den unzählige kleine Buchen versuchen, wieder Fuß zu fassen. Nur wenige davon werden es wirklich schaffen und zu stattlichen Laubbäumen heranwachsen. Die letzten Meter zum gleichnamigen Berggipfel kämpfen wir uns weglos durch den Urwald. Dann lichten sich die Bäume und wir stehen auf dem unscheinbaren Gipfel, der uns eine wunderschöne Aussicht auf das Kolpa-Flusstal und in Richtung Kroatien bietet.

Ein steiler Pfad führt uns hinab zu dem alten Dorf Inlauf, eine der letzten deutschen Sprachinseln im ehemaligen von deutschen Aussiedlern bewohnten Gotscheer Land. Als wir aus dem Wald treten, schauen wir direkt auf eine riesige rabenschwarze Wolkenwand, die bedrohlich über der gegenüberliegenden Hügelkette hängt. Gerne hätten wir uns mehr Zeit genommen, etwas über diesen Ort zu erfahren, aber die dunklen Wolken im Blick treibt es uns schnell zurück zum Auto, das wir wie durch ein Wunder trockenen Fußes erreichen. Wider besseren Wissens lockt uns auch tags darauf strahlend blauer Himmel nach draußen. Weil die eigentliche Straße nach Leskova Dolina wegen Bauarbeiten gesperrt ist, ist etwas Kreativität gefragt und nach einem kurzen Blick in die Karte entscheiden wir uns dazu, unser Glück über ein Gewirr von Forststraßen hinter Babno Polje zu versuchen. Die anderthalbstündige Fahrt stellt den armen Ford Fiesta, der sicherlich nicht für solche Straßenverhältnisse konzipiert wurde, vor eine gehörige Belastungsprobe. Ruckelnd, huckelnd und mit lautem Geklapper holpern wir über die unebene Schotterstraße. Vorsichtig umkurvt Rebecca die zahlreichen Schlaglöcher und Fußball großen Felsbrocken, die immer wieder mitten auf der Fahrspur liegen. Trotz aller Hindernisse kommen wir die erste halbe Stunde gut voran, aber dann ist der Weiterweg plötzlich völlig aufgewühlt. Tiefe Spurrillen zeugen vom schweren Gerät, das hier im Einsatz war. Immer wieder setzen wir mit dem Unterboden auf, während wir ständig versuchen, uns nicht festzufahren. Schließlich werden die Rillen so tief, dass ich aussteige und mit einem dicken Ast versuche, die schlimmsten Stellen etwas zu ebnen. So kommen wir zwar nur langsam aber doch stetig voran, bis die Forststraße wieder besser wird und wir erleichtert Leskova Dolina erreichen.

Der Ausgangspunkt unserer Wanderung entpuppt sich als völlig ausgestorbene Geisterstadt, wobei Stadt angesichts der nicht mal ein dutzend Häuser sicherlich zu viel gesagt ist. Direkt hinter dem letzten Haus verpassen wir den richtigen Pfad in Richtung Snežnik und bald darauf finden wir uns im weglosen slowenischen Wald wieder. Die nächste Stunde kraxeln wir über zahlreiche umgestürzte Bäume, kämpfen uns durch dichtes Gestrüpp und queren feuchte Sumpfgebiete. Dann treffen wir auf die markierte Forststraße, der wir in Richtung Klanska polica folgen. Obwohl Wochenende ist, scheint keine Menschenseele in der Nähe zu sein. Entspannt wandern wir durch den stillen Wald, der uns allmählich immer höher führt. Auf 1.400 Metern geht der geschotterte Forstweg schließlich in einen schmalen, steinigen Pfad über, dem wir durch einen uralten Buchenwald folgen. Grimmig und knorrig trotzen sie dem harten, schneereichen Klima der Hochlage.

Plötzlich treten wir aus dem Wald und vor uns liegt ein Meer aus gedrungenen Bergkiefern. Nur die hohe Kuppe des Snežnik, des Krainer Schneeberges, erhebt sich aus dem schier undurchdringlichen Latschendschungel. Der 1.795 Meter hohe Berg bildet die höchste slowenische Erhebung außerhalb der Alpen und ihm zu Füßen liegen die riesigen Waldgebiete des Notranjska und des Gorski kotar. Ist das Wetter bisher stabil geblieben, überrascht uns im Abstieg erneut ein plötzlich aufziehendes Gewitter, das sich mit rasch lauter werdendem Donnergrollen und zuckenden Blitzen bedrohlich nähert und uns zu einem immer schnelleren Abstieg motiviert. Am nächsten Morgen verabschieden wir uns herzlich von Anica und treten die Heimreise an. Der Himmel zeigt sich in strahlendem Blau und es verspricht ein wunderschöner Tag zu werden...


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© 2024 Sebastian Steude

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