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SEBASTIAN STEUDE
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Aktuelles
10. Februar 2024
Brüder-Überschreitung

Die Überschreitung von Mittlerem und Kleinem Bruder ist eine schöne, alpine Tour am Nordwestrand der Reiteralm. Bekommen sie schon im Sommer nicht allzu viel Besuch, so sind die beiden kecken Felsgipfel im Winter erst recht ein exklusives Ziel. Und auch wenn zur Zeit nur wenig Schnee liegt, so hat vor allem der kalte, stürmische Wind dann doch für den nötigen winterlichen Anspruch gesorgt. Ein großer Wermutstropfen waren die vielen neuen Bohrhaken am Nordostgrat zum Kleinen Bruder. Nach der nunmehr dritten Sanierung der Route haben sie selbst im Latschen-Gehgelände in zuverlässig kurzen Abständen ihren Weg in den Fels gefunden. Hier kann man inzwischen also Gott sei Dank völlig angstfrei über die eigenen Füße stolpern. Alpinen Anspruch hat der Teil der Überschreitung jetzt freilich überhaupt keinen mehr, aber was bedeutet schon alpiner Anspruch, wenn man dafür ein zusätzliches Maß an Sicherheit haben kann? Bei der vierten Sanierung wird dann hoffentlich gleich ein Drahtseil installiert.


Bruederueberschreitung-Reiteralm

Bruederueberschreitung-Reiteralm

Bruederueberschreitung-Reiteralm

Bruederueberschreitung-Reiteralm

Bruederueberschreitung-Reiteralm

Bruederueberschreitung-Reiteralm

Bruederueberschreitung-Reiteralm





26. September 2023
Berchtesgadener Hochthron - Pfeilersüdwand

Zugegebenermaßen gibt es deutlich schönere Routen der Seilschaft Hinterstoißer/Kurz, denn wirklich homogen ist die Pfeilersüdwand nicht und auch die Felsqualität ist rustikaler, als wir erwartet haben. Aber beeindruckend ist die Tour! Die ersten beiden Seillängen sind sehr alpin und gar nicht mal so einfach, dann folgen zwei Seillängen auf einer leichten Rampe, die schließlich mitten im überhängenden Fels endet. Nun wird es schlagartig äußerst ausgesetzt und steil. Die folgenden zwei Seillängen sind auch in technischer Kletterei und mit Seilzugquergang (6+/A1) sehr anstrengend. Es ist unglaublich, was sich die beiden jungen Burschen, gerade einmal Anfang 20, vor fast 90 Jahren getraut haben, als sie sich mit einfachster Ausrüstung (Hanfseile, Eisenkarabiner, selbstgeschmiedete Haken) in diese überhängende Ungewissheit wagten. Steht man anschließend ausgepumpt im darüberliegenden Kamingrund, ist der Weg nach oben frei und man kann die letzten drei nun wieder deutlich leichteren Seillängen genießen.


Pfeilersuedwand-Untersberg

Pfeilersuedwand-Untersberg

Pfeilersuedwand-Untersberg





06. September 2023
Übeleck - Nordwand

Das Gebiet mit dem größten Felspotenzial der Berchtesgadener Alpen ist die Reiter Alm. Da gibt es die klassische Westseite mit den höchsten Gipfeln, auf die schon früh Wege und Routen gesucht wurden, dann gibt es die sonnenverwöhnte Südseite mit den großen Klassikern an den Mühlsturz- und Grundübelhörnern und die etwas düstere Nordseite mit einigen ernsten Alpinrouten und vor allem einer ganzen Reihe an modernen, alpinen Sportklettereien. Lediglich an der Ostseite zwischen Alphorn und Eisberg gibt es so gut wie keine bekannten Kletterrouten. Die einzige Ausnahme bildet das 1.731 Meter hohe Übeleck mit seiner düsteren, 400 Meter hohen Nordwand. Neben drei modernen Routen, die langes alpines Sportklettern bieten, gibt es auch zwei klassische Routen, in dieser Wand, die erst 1983 aus ihrem Dornröschenschlaf geweckt wurde. IV- (Stellen), überwiegend II und III steht im alten AVF von 1997. Das hört sich eigentlich recht entspannt an, wobei der Zusatz "keine Wiederholung bekannt" doch ein kleines Abenteuer verspricht. Die Route entpuppt sich dann allerdings als wieder mal deutlich anspruchsvoller als gedacht: Schon der Zustieg durch die Schlucht erfordert den oberen III. Grad, die Orientierung ist im unteren Teil der riesigen Wand nicht immer einfach, der Fels ist oft grasdurchsetzt und eher plattig. Die Sicherung mit Friends und Keilen nicht immer einfach. Achja, und die Kletterstellen erreichen dann doch den oberen V. Grad - eventuell ließen sie sich etwas leichter umgehen - ganz sicher sind wir uns da aber nicht. Dazwischen kann man allerdings auch einiges seilfrei gehen. Zumindest das stimmt also. Wir kämpfen uns durch und stehen schließlich am Nachmittag auf dem unscheinbaren Gipfel. Eine Belohnung gibt es auch: ein einstündiger Latschenkampf bis zur Hirschwiese. Juchu!


Uebeleck-Nordwand-Reiteralm

Uebeleck-Nordwand-Reiteralm

Uebeleck-Nordwand-Reiteralm





01. September 2023
Wandermagazin Fernwanderwegespecial

Mein Artikel über den Western Way in Irland hat ein Plätzchen im beiliegenden Extra "Fernwanderwege 2023" der Herbstausgabe des Wandermagazins gefunden. Viel Spaß beim Lesen und Schirm nicht vergessen. ;-)


Wandermagazin-Fernwanderwege-2023





28. August 2023
Alpenvereinsjahrbuch "Berg 2024"

Auch wenn die Berchtesgadener Alpen nie so stark besucht wurden wie beispielsweise der Kaiser oder das Wettersteingebirge, so gehören sie ohne Frage zu den traditionsreichsten Klettergebieten der Bayerischen Alpen. In dem Artikel "Was möglich ist" im Alpenvereinsjahrbuch "Berg 2024" beleuchte ich 100 Jahre Klettergeschichte an Reiter Alm, Hochkalter, Göll und Untersberg. Von den ersten großen Klassikern der Seilschaft Hinterstoisser/Kurz, über die berühmten Pausetouren hin zu den High-End-Routen der Profis.


Alpenvereinsjahrbuch-2024





26. Juni 2023
Wartsteinwand - Karl-Bierdimpfl-Gedächtnisführe

Karl-Bierdimpfl-Gedächtnisführe. Allein der Name hat was. Leider verheißt eine Gedächtnisführe selten Gutes. So auch bei Karl Bierdimpfl, der 1967 mit gerade einmal 34 Jahren nach einer schweren Krankheit verstarb. In den Jahren davor gehörte er zu den besten Bergsteigern im Traunsteiner und Berchtesgadener Land und noch 1966, ein Jahr vor seinem Tod, gelang ihm mit dem wunderschönen Scharnsteinpfeiler ein erster Durchstieg durch die so glatt und steil erscheinende Wartsteinwand unterhalb des Schrecksattels. Die Karl-Bierdimpfl-Gedächtnisführe führt etwas weiter links und deutlich schwerer durch die imposante Wand. Zu den meisten Ständen und in die 7+ Platte haben es zwar ein paar Bohrhaken geschafft, doch auch die stecken weit auseinander, wenn man die Stelle technisch (A1) klettern will und insgesamt ist der Route ein sehr alpines Flair erhalten geblieben.


Karl-Bierdimpf-Gedaechtnisfuehre-Reiteralm

Karl-Bierdimpf-Gedaechtnisfuehre-Reiteralm





15. Juni 2023
Zwölferturm - Willi-Hermann-Route

Dem Hans zufolge ist der Zwölferturm der am schwersten zu ersteigende Gipfel der gesamten Ostalpen. Und als Bergführer und gleichzeitig Hausmeister vom Zwölferturm muss er es eigentlich wissen. Fakt ist auf jeden Fall: Der Zwölferturm ist schwer! Neben dem Gederer Dach (9- oder 6/A3) und dem Normalweg (Seilwurf auf Nachbarturm und rüberhangeln, von diesem abseilen und an Zwölferturm pendeln, anschließend noch 10 Meter zum Gipfel klettern) gibt es noch die Willi-Hermann-Route (7), die 1959 von Willi Hermann und Lothar Obermaier in zehn Stunden erstbegangen wurde. In vier steilen, anhaltend anspruchsvollen Seillängen führt sie nahe der Nordwestkante und zum Glück immer noch bohrhakenlos (da achtet der Hans sehr drauf) auf den illustren Gipfel.


Zwoelferturm-Chiemgau

Zwoelferturm-Chiemgau

Zwoelferturm-Chiemgau

Zwoelferturm-Chiemgau





03. Juni 2023
Wartsteinkante

Am rechten Rand des Wartsteinkars befindet sich mit der Wartsteinkante (7–) ein weiterer Klassiker der Seilschaft Hinterstoißer/Kurz. Im Sommer 1934 starteten die beiden einen ersten Anlauf an der Kante, an der sich bereits zuvor namhafte Seilschaften aus dem Traunsteiner Raum versucht hatten. Nach einem Sturz von Hinterstoißer und einem Schlechtwettereinbruch mussten sie allerdings aufgeben und abseilen – ebenso im Jahr darauf. Am 12. August 1935 sollte es dann endlich klappen und nach einem luftigen Biwak erreichten sie den Ausstieg zur Hochfläche. Inzwischen ist der berühmte „Holzkeilriss“ in der vierten Seillänge zwar durch zwei Bohrhaken entschärft, doch an dieser Schlüsselstelle, mit 7– bewertet, muss nach wie vor kräftig hingelangt werden.


Wartsteinkante-Reiteralm

Wartsteinkante-Reiteralm

Wartsteinkante-Reiteralm





22. Mai 2023
Alleinbegehung Großer Weitschartenkopf - Nordpfeiler"

Ein großer Nachteil wenn man alleine unterwegs ist? Man kann das Material nicht aufteilen! Dementsprechend kämpfe ich mich schwer bepackt mit meinem Mountainbike die Forststraße in Richtung Wasserhäuschen empor. Irgendwann wird die Straße richtig steil und ich will gerade absteigen und schieben, da taucht vor mir eine Gruppe Soldaten auf. Jetzt will ich mir natürlich keine Blöße geben. Also weiterstrampeln und danach absteigen, doch als ich um die nächste Kurve fahre, kann ich es nicht fassen: so weit ich sehen kann, schnaufende und ebenfalls schwer bepackte Soldaten auf dem Weg in Richtung Schrecksattel. Na super. Aber jammern nützt nichts. Also versuche ich äußerlich so entspannt wie möglich zu wirken, während ich innerlich kurz vorm Kollaps stehe und radel einfach weiter. Erst kurz vorm Wasserhäuschen habe ich die Soldaten abgeschüttelt und sinke völlig erledigt ins Gras. Der Nordpfeiler selbst ist eine eher kurze Tour mit langem Zustieg. Dies ist sicherlich auch einer der Gründe warum meine Begehung gerade mal die 18. Wiederholung in 43 Jahren ist (und die erste Alleinbegehung). Die Route ist nämlich durchaus schön zu klettern mit abwechslungsreichen Stellen bis zum oberen V. Grad in klassisch-alpinem Gewand. Und da ich ja alle Seillängen zweimal klettern muss, habe ich am Ende des Tages dennoch meine 10 Seillänge zusammen.


Weitschartenkopf-Nordpfeiler-Reiteralm

Weitschartenkopf-Nordpfeiler-Reiteralm

Weitschartenkopf-Nordpfeiler-Reiteralm





15. März 2023
Neuerschneinung "Wanderführer Western Way"

Ich freue mich sehr, dass nach anderthalb Jahren Arbeit mein drittes Buch erschienen ist. Der "Wanderführer Western Way" beschreibt den 240 km langen Fernwanderweg durch den Nordwesten der irischen Insel detailliert und mit allen nötigen Infos.

Bestellung beim Conrad-Stein-Verlag


Wanderfuehrer-Western-Way





01. November 2022
Edelweißlahner - Südpfeiler

Am ersten November gelangen Flo Hübschenberger und mir eine der bis dato seltenen Wiederholungen des Edelweißlahner Südpfeilers an der Reiter Alm. Die gesamte Tour wurde zu einem überraschend großen Abenteuer mit anspruchsvoller Kletterei, einem nicht enden wollenden Grat und einem Abstieg im Dunkeln. Oder wie der Flo es ausdrückt: "Eine gewaltige Route, gewaltig gut, gewaltig anspruchsvoll! Was nicht alles für einen Fünfer möglich ist. Defensive Bewertungen kennt man ja aus Routen-Kreationen von Albert Precht, aber am Edelweißlahner wird das persönliche Können einmal mehr in Frage gestellt."


Edelweisslahner-Suedpfeiler-Reiteralm

Edelweisslahner-Suedpfeiler-Reiteralm

Edelweisslahner-Suedpfeiler-Reiteralm





20. Juni 2022
Neuerschneinung "Bergführer Berchtesgaden und Chiemgau"

Endlich ist es soweit und nach mehr als drei Jahren Arbeit halte ich den "Bergführer Berchtesgaden und Chiemgau" in den Händen. Auf 240 Seiten werden mehr als 60 alpine Kletterrouten und Überschreitungen in den Berchtesgadener und Chiemgauer Alpen vorgestellt.

Bestellung beim Panico-Verlag


Bergfuehrer-Berchtesgaden-Chiemgau





12. September 2021
Packrafttour auf der Regen

Der Regen ist ein 190 Kilometer langer Nebenfluss der Donau und nach der Naab der zweitgrößte Fluss der Oberpfalz. Vor allem der Schwarze Regen, der südliche Quellfluss, ist bei Kajakfahrern äußerst beliebt, führt er doch durch eine abwechslungsreiche und für deutsche Verhältnisse relativ abgelegene Landschaft im Bayerischen Wald.

Mitte September treffe ich mich mit meiner Schwester und ihrem Freund in Roding, um den oberen Abschnitt des Flusses zwischen der Stadt Regen und Roding zu befahren. Die ersten Kilometer führen durch ein waldreiches Tal und dieser Abschnitt heißt nicht umsonst „Bayerisch-Kanada“. Die Strömung ist meist flott und immer wieder sorgen kleinere Stromschnellen für Abwechslung. Gleich am Beginn des zweiten Tages erreichen wir mit dem „Bärenloch“ die erste Schlüsselstelle der Tour (WW II) und dann passiert es: Arne bricht sein Paddel. Er schafft es anzulanden und wir suchen in der folgenden Kurve nach dem Paddelblatt, geben aber bald auf. In dem dunklen Wasser hat man keine Chance das Blatt zu finden. Am Ufer beratschlagen wir uns, doch dann finde ich zufällig im Wald ein Förmchen und wir entschließen uns mit viel Panzertape und einer Angelschnur ein provisorisches Paddelblatt zu basteln. Perfekt ist unser Konstrukt zwar nicht gerade und vor allem Arne ist anfangs skeptisch, doch nach ein paar zaghaften Versuchen ist klar, dass es hält und das ist ja erst einmal die Hauptsache. So setzen wir unsere Fahrt also fort und erreichen kurz vor Teisnach das erste Wehr. Da die Umtragestrecke mit ihren 800 Metern sehr lang ist und wir nicht mehrmals gehen wollen, versuchen wir, unsere Boote mit dem ganzen Gepäck alleine auf dem Rücken zu tragen. Die ersten hundert Meter gehen noch, aber dann wird es sackrisch schwer und ich bin froh, als ich endlich am Wiedereinstieg stehe. Von Sarah und Arne ist allerdings keine Spur mehr zu sehen und so laufe ich zurück. Auf halber Strecke liegt Arnes verwaistes Boot auf dem Weg und ich denke mir, dass er wohl nach Sarah schauen wird, weshalb ich sein Boot ebenfalls vortrage. Kaum habe ich den Wiedereinstieg erreicht, als auch schon Arne aufschließt – ohne Sarah. Gemeinsam machen wir uns auf die Suche nach ihr, doch wir können sie nirgends finden. Es gibt einen einzigen Abzweig auf der Strecke und ich laufe über anderthalb Kilometer bis kurz vor Teisnach, aber sie ist einfach nicht zu sehen. Arne wird in der Zwischenzeit langsam aber sicher unruhig und denkt bereits an ein Verbrechen. Eine gute Stunde suche wir alles ab, dann steht Sarah mit ihren knallgelben Boot genervt vor uns. Sie war tatsächlich falsch abgebogen, wollte quer durch Wald abkürzen, als sie es merkte und hat sich dabei mit ihrem Boot heillos im dichten Gestrüpp verstrickt, bis sie schließlich wieder umgedreht ist. Ich kann es nicht fassen, aber Arne ist einfach nur froh, dass sie wieder da ist.

Kurz hinter Teisnach folgt noch ein kleineres Wehr und wir haben dazugelernt: Diesmal tragen wir die Boote gemeinsam, gehen lieber mehrmals und lassen vor allem Sarah nicht mehr aus den Augen. Nach dem Wehr geht es wieder in ein enges Waldtal und die Strömung bleibt flott, bis der Rückstau des Wasserkraftwerks Gumpenried beginnt. Durch die beiden Verzögerungen ist es bereits spät und wir schicken uns, liegen doch noch ein paar Kilometer bis Gstadt vor uns. Kurz hinter dem Kraftwerk befindet sich mit dem „Gumpenrieder Schwall“ (WW II-III) die zweite Schlüsselstelle der Tour. In einem Bericht haben wir gelesen, dass man rechtzeitig rechts anlanden soll, um sich die Stromschnelle vorher anzuschauen und gegebenenfalls zu umtragen. Dies machen wir natürlich auch vorbildlich, allerdings schaut der Schwall gar nicht so wild aus, so dass wir ihn alle fahren wollen. Ich fahre als erstes und warte danach an einem Felsblock. Auch Sarah und Arne haben keine Probleme und zufrieden wollen wir nun gen Abendsonne paddeln. Doch kurze Zeit später wird das Rauschen wieder lauter und wir müssen feststellen, dass wir zu früh angelandet sind und der Gumpenrieder Schwall erst noch vor uns liegt. Jetzt heißt es: Augen zu und durch! Der Schwall ist wirklich äußerst spritzig und die ein oder andere Welle schwappt voll ins Boot, dennoch macht er richtig Spaß und ich bin etwas enttäuscht, dass es so schnell schon wieder vorbei ist.

Am folgenden Vormittag erreichen wir Viechtach, die erste Stadt direkt am Fluss. Während Sarah und ich beim Bäcker ein bisschen Verpflegung für die kommenden Etappen kaufen, kann sich Arne von einem Kanuverleih ein neues Doppelpaddel leihen, da das Förmchen vor allem im zahmen Wasser dann doch einen kleinen Leistungsabfall bei ihm verursacht hat.

Die Landschaft bleibt weiterhin wunderschön, da die Regen durch zwei große Kraftwerke allerdings seeartig aufgestaut wird, nimmt die Strömung deutlich ab und wir müssen uns gehörig ins Zeug legen, um unseren Schnitt zu halten. Am Höllensteinsee machen wir eine Pause und gehen Pilze suchen. Beziehungsweise eigentlich eher Pilze sammeln, denn die leckeren Waldfrüchte wachsen hier in solchen Mengen, dass wir uns nur die schönsten Exemplare rauspicken können. Gut versorgt, paddeln wir noch anderthalb Stunden weiter, bis wir am Blaibacher See anlanden und unsere Zelte aufschlagen. Zum Abendessen gibt es natürlich Pilze, doch scheint Sarah irgendetwas nicht zu vertragen, denn sie bekommt in der Nacht massive Magen-Darm-Probleme. Da sie am folgenden Morgen total gerädert ist und es auch Arne nicht gut geht, beschließen wir schweren Herzens die Tour abzubrechen und ich mache mich zu Fuß auf den Weg nach Blaibach, um dann mit dem Zug nach Roding zu fahren und das Auto zu holen.

Da es mir gut geht, will ich die zwei Tage trotzdem noch im Bayerischen Wald bleiben und etwas wandern gehen und so sitze ich am Abend wieder an unserem Einstieg in Regen, an dem wir drei Tage vorher gestartet sind und esse Spaghetti mit Pesto. Während ich im Auto schlafe, werde ich um 3 Uhr nachts wach. Irgendetwas stimmt nicht. Ich brauche etwas, bis ich bemerke, dass mir schlecht ist und dann kommt es auch schon hoch. Ich schaffe es gerade noch aus dem Auto und kotze mir sprichwörtlich die Seele aus dem Leib. Zitternd setze ich mich wieder ins Auto und warte, ob es besser wird, doch mir ist hundeelend und zehn Minuten später muss ich mich schon wieder übergeben. Das macht so keinen Sinn und ich beschließe, heimzufahren. Es soll die schlimmste Autofahrt meines Lebens werden. Alle Viertelstunden lang muss ich anhalten und mich übergeben. Nach fünf Stunden komme ich endlich zu Hause an und falle völlig erledigt ins Bett.


Packrafttour-Regen

Packrafttour-Regen

Packrafttour-Regen

Packrafttour-Regen

Packrafttour-Regen




21. Juli 2021
Überschreitung des Hochkaltermassivs

Die Überschreitung des gesamten Hochkaltermassivs führt über 16 große und kleinere Gipfel zwischen dem Hintersee und dem Hirschbichlpass und ist die längste und mit Abstand schwerste Überschreitung im bayerischen Teil der Berchtesgadener Alpen. Im eher wechselhaften Sommer 2021 ist es nicht leicht, einen passenden Termin zu finden, aber Ende Juli wird zwei Tage am Stück stabiles Wetter vorhergesagt und so mache ich mich an einem Mittwochvormittag auf den Weg nach Ramsau. Vom Parkplatz Seeklause geht es auf dem markierten Weg zur Schärtenalm und weiter durch den Wald auf den ersten Gipfel, den 2.065 Meter hohen Steinberg. Auf dem anschließenden, selten begangenen Gratstück in Richtung Schärtenspitze ist das Eingehen vorbei und zum ersten Mal kommen die Hände zum Einsatz. Dennoch ist der Grat viel gutmütiger, als es im ersten Moment den Anschein hat. Nach 20 Minuten stehe ich vor der senkrecht aufragenden Nordostwand der Schärtenspitze und wechsel in die Kletterschuhe. Ich fühle mich gut und trotz der fehlenden Sicherung geht es nun überraschend genussvoll in sechs Seillängen gen Gipfel. Auf dem langgezogenen Grat zur Eisbodenscharte brandet der Nebel von Osten an die Felsen und schafft ein tolles Schauspiel, bevor ich in den äußerst langen Nordgrat zur Blaueisspitze einsteige. Geschickt führt die Route im I. und II. Grad am erste Blaueisturm vorbei. Am 2. Turm hat ein Felssturz in den 60er Jahren jedoch für etwas schärfere Bedingungen gesorgt und an dem bekannten Spreizschritt im Kamin (IV+) packe ich zum ersten und einzigen Mal auf dieser Tour das Seil aus. Anschließend wird das Gelände wieder etwas gutmütiger und lediglich an einem 25 Meter langen Riss zum Gipfel der Blaueisspitze wird nochmals kurz der obere IV. Grad erreicht. Weiter geht es über die abgelegene Blaueisscharte und die gestufte Nordostwand zum Hochkalter, dem mit seinen 2.607 Metern höchsten Gipfel der Gruppe.

Von den Bergsteigern, die normalerweise die beliebte Hochkalterüberschreitung unternehmen, ist an diesem Nachmittag bereits nichts mehr zu sehen und so mache ich mich nach einer kurzen Rast auf, um über den Südgrat zur Ofentalscharte abzuklettern. Anstatt weiter auf dem Normalweg ins Ofental abzusteigen, bleibe ich direkt am sehr scharf und ausgesetzt werdenden Grat, der hoch über der riesigen Plattenflucht der sogenannten „Schönen Wand“ zum selten besuchten Schönwandeck führt, einem unbedeutenden Gratabsatz zwischen Hochkalter und Ofentalhörnl.

Dass die Wand eigentlich nicht das einzige schöne an diesem Tag sein sollte, sondern auch schönes Wetter angesagt war, scheint ebenjenes Wetter nicht mitbekommen zu haben, denn statt in der Sonne zu wandeln, versuche ich durch den immer dichter werdenden Nebel den Weiterweg über den Nordgrat zum besagten Ofentalhörnl zu finden, was sich als gar nicht so einfach herausstellt, da der direkte Grat ungangbar wird und ich ein paar sehr steile und rutschige Höhenmeter ins Kar absteigen muss. Zum Glück finde ich zwischen den Plattenwänden den richtigen Einstieg in eine dunkle Einschartung und gelange schließlich zum Gipfel. Der Übergang vom Nordost- zum Südwestgipfel ist auf abschüssigen, äußerst ausgesetzten Bändern eine recht wackelige Angelegenheit, die nochmals volle Aufmerksamkeit erfordert. Dann wird das Gelände endlich leichter und nach einem kurzen Abstieg kann ich genussvoll über den schönen Nordgrat (II) zum Steintalhörnl klettern. Langsam wird es dunkel und ich beeile mich, über die riesige Südwestflanke ins Sittersbachtal abzusteigen.

Ein paar Meter über dem Talgrund, zwischen ein paar schützenden Blöcken, richte ich mir ein einfaches Biwak ein, esse ein Croissant und versuche, etwas Schlaf zu finden. Die Nacht ist überraschend kalt, aber am folgenden Morgen ist dafür endlich der Nebel verschwunden und ich steige gleich zur Sittersbachscharte auf, um mich in der Sonne etwas aufwärmen zu können. Auf das folgende Gratstück zur Hochfeldscharte bin ich sehr gespannt, denn in dieser Gegend war ich noch nie und in meinem Alpenvereinsbüchlein ist von einer sehr lohnenden Route die Rede. Ich halte mich mit einem Urteil extra lange zurück, denn vielleicht wird es ja noch besser, aber später, als ich endlich den höchsten Punkt der Wimbachschneid erreicht habe, kann ich nur sagen: Was ein Scheiß! Derjenige, der das geschrieben hat, war entweder Masochist oder Sadist. Der Grat ist extrem brüchig, splittrig und teilweise sehr ausgesetzt, die gangbare Route ist nicht immer eindeutig. Es ist ein Eiertanz und immer wieder muss ich an plötzlichen Abbrüchen umkehren und es auf einen anderen Weg versuchen. Na ja, ich habe es geschafft. Das ist die Hauptsache und ich kann nun unschwierig zur Hochfeldscharte absteigen. Hier mache ich wieder eine kurze Pause, bevor mit dem Ostgrat auf die Hocheisspitze das letzte Wagnis ansteht, denn den Rest der Tour kenne ich schon von früheren Begehungen.

Der gezackte Beginn des Ostgrats wird laut Führer einfach im Kar umgangen und der obere Teil schaut auch nicht schwer aus. Der Mittelteil baut sich jedoch fast senkrecht auf und sieht von der Hochfeldscharte betrachtet recht beeindruckend aus. Normalerweise gibt sich das allerdings, wenn man direkt davor steht. Eine halbe Stunde später stehe ich direkt davor und der Mittelteil sieht blöderweise immer noch nicht einladender aus. Ich klettere über eine steile Rampe auf den Grat, dann ist der Spaß endgültig vorbei. Ein feiner Riss zieht von hier nach oben. Die Route ist mit IV bewertet, aber ungesichert schaut das deutlich schwerer aus. Kann man das nicht doch irgendwie umgehen? Kann man nicht. Soviel ist klar. Ich überlege hin und her. Ist es die Tour wirklich wert, dieses Wagnis einzugehen? Offensichtlich schon, denn ich ziehe meine Kletterschuhe an. Dann starte ich einen ersten Versuch und klettere wieder zurück. Es ist und bleibt steil, aber immerhin ist hier der Fels nicht mehr so brüchig. Ich versuche es nochmal und klettere durch. Oberhalb des Risses steckt sogar ein alter Schlaghaken. Ich klettere links vorbei und über etwas leichteren, nun wieder brüchigen Fels in eine Nische. Oberhalb der Nische befindet sich ein kleiner Überhang – noch etwas schwerer als der Riss. Na super. Ein vernünftiger Stand lässt sich nicht bauen und abklettern kann ich nun auch nicht mehr. Also bleibt nur die Flucht nach oben. Ein Blick zurück führt mir die fatalen Konsequenzen eines missglückten Versuchs ganz deutlich vor Augen. Aber im Grunde ist es ja ganz einfach, man muss sich nur gut festhalten. Etwas rechts der Nische ist eine Schuppe, die ganz guten Halt bietet und darüber ein kleiner Riss, der den Überhang durchzieht. Ich mache einen Zug, aber es fehlen ganz eindeutig die Henkel, um die zwei Meter sicher klettern zu können. Ich schaue nochmal nach rechts und links, aber der Riss scheint die einfachste Stelle zu sein. Ich versuche es wieder und wieder klettere ich nach einem Zug zurück. Schließlich fummle ich eine Schlinge aus dem Rucksack und versuche sie wie ein Lasso über eine kleine Felsnase zu werfen. Im dritten Versuch schaffe ich es und ziehe vorsichtig an der Nase. Mit ziemlicher Sicherheit ist dies lediglich eine moralische Sicherung, aber es beruhigt die Nerven trotzdem und ich klippe meine Selbstsicherung in die Schlinge. Ich atme tief durch, mache zum dritten Mal den ersten Zug und steige diesmal mit den Füßen ein Stück höher. Ich stehe sehr wackelig und taste mit einer Hand über dem Überhang nach einem brauchbaren Griff – und genau wie befürchtet finde ich keinen. Aber jetzt gibt es kein Zurück. Also halte ich mit ganzer Kraft einen gefundenen, schlechten Griff, ziehe mich nach oben und schaffe es das Knie über den Überhang zu bekommen. Ich bin erleichtert und atme erst einmal tief durch. Eine Rinne leitet nun in leichteres Gelände und beschwingt klettere ich zum Gipfel der Hocheisspitze. Nach einer kurzen Pause beginne ich mit der Überschreitung zum Kammerlinghorn. Das Teilstück kenne ich bereits von der Hocheisumrahmung, so dass es kein Problem mehr darstellt, auch wenn mir der Grat in diese Richtung etwas schwerer vorkommt.

Um halb vier erreiche ich mit dem Kammerlinghorn den letzten größeren Gipfel der Tour. Jetzt wartet nur noch der Karlkopf, den man aber im Abstieg mehr oder weniger mitnimmt. Die perfekte Zeit, um also noch etwas auf dem Gipfel zu sitzen und zufrieden auf das Geschaffte zu blicken? Schön wäre es, aber irgendwie ist man halt leider doch getrieben und so überlege ich schon, ob man die frühe Stunde nicht noch nutzen könnte. Es gibt da beispielsweise eine Klettertour durch die Nordostwand auf das Kammerlinghorn. Vielleicht könnte man über die Route absteigen? Ich werfe also einen Blick in die besagte Rinne, die schaut mir jedoch für den Abstieg zu ausgesetzt aus. Aber es gibt ja noch diesen kleinen, luftigen Spitz im Nordwestgrat des Kammerlinghorns, das Kleineishörnl. Das wollte ich mir sowieso mal anschauen und wäre doch der perfekte Ausklang. Also steige ich nicht auf dem normalen Wanderweg über den Karlkopf zur Mittereisalm ab, sondern wandere weglos über ein scharfes Karrenfeld in Richtung Kleineishörnl. Und kurz bevor ich den Grat erreiche, passiert es: Ich hüpfe zwischen den Karren hin und her, passe nicht richtig auf und plötzlich rutscht der Block, auf den ich springe, zur Seite weg. Ich falle ebenfalls zur Seite und mit viel Schwung direkt mit dem linken Oberschenkel gegen eine spitze Felsnase. Sofort fährt mir ein beißender Schmerz durch das Bein und ich schreie auf. Ich setze mich hin und hoffe, dass es gleich besser werden wird, aber es wird nicht besser und mir kommen vor Schmerz die Tränen. Was tun? Das Kleineishörnl kann ich auf jeden Fall knicken, aber auf keinen Fall will ich die Bergwacht anrufen. Die würden wahrscheinlich mit dem Heli kommen und wie peinlich wäre es da am Ende, wenn der Oberschenkel nur stark geprellt ist. Also mache ich mich an den langwierigen Abstieg. Allein eine Stunde brauche ich für die 250 Meter durch das kleine Karrenfeld, bis ich endlich wieder auf dem Wanderweg bin. Mein Oberschenkel schmerzt bei jedem Schritt und vor allem hohe Tritte sind die Hölle.

Schritt für Schritt steige ich weiter ab, immer mit möglichst viel Entlastung durch die Wanderstöcke. Irgendwann überholt mich ein junger Wanderer. Ich höre ein kurzes Servus und schon ist er wieder verschwunden. Dann klingelt mein Handy. Es ist meine Mutter und ich gehe ran. Sie fragt mich, wo ich gerade bin und ich überlege kurz. Dann erzähle ich es ihr und sie macht sich natürlich Sorgen. Wir vereinbaren, dass ich mich melde, sobald ich bei der Mittereishütte angelangt bin. Doch dann passe ich nicht richtig auf, mir fällt das Handy runter und es ist kaum zu glauben, aber es fällt doch genau auf den Startknopf, der etwas eingedrückt wird, so dass es sich nun alle fünf Sekunden neu startet.

Ich drücke etwas darauf herum, aber keine Chance, es ist nichts zu machen. Ich kann nicht mehr telefonieren und das Vibrieren alle fünf Sekunden macht mich wahnsinnig. Außerdem habe ich riesigen Durst. Oben am Gipfel habe ich alles getrunken, weil ich ja sowieso bald im Tal sein würde. Nun bin ich schon seit vier Stunden in der Abendsonne unterwegs. Ich setze alle Hoffnungen auf die Viehtränke der Mittereisalm, doch die ist leer. Ich bin völlig niedergeschlagen. Aber dann läuft doch keine fünf Minuten später ein kleiner Bach neben dem Weg, der auf den Karten gar nicht eingezeichnet ist. Was gibt es Schöneres! Nun geht es über die Forststraße weiter hinab zur Bindalm, die ich nach fünf Stunden Abstieg im Dunkeln erreiche.

Langsam aber sicher kann ich nicht mehr, doch vor der Alm steht ein Auto und ich schöpfe Hoffnung. Ich klopfe. Schließlich machen mir zwei ältere Frauen auf, die sich allerdings leider als nicht gerade hilfsbereit erweisen. Sie müssten morgen sehr früh aufstehen und hätten schon im Bett gelegen und ob ich überhaupt wüsste, wie weit es bis Ramsau wäre. Das würden sie jetzt auf keinen Fall mehr fahren. Ich bin bedient und gehe grußlos. Die Schmerzen werden immer schlimmer und noch liegt der ellenlange Hatscher durch das Klausbachtal vor mir. Ein Weg, der sich selbst in gutem Zustand noch gewaltig ziehen kann. Wie gerne würde ich einfach irgendwo meinen Biwaksack hinlegen und schlafen, aber spätestens am Morgen würde meine Mutter sicherlich die Bergwacht alarmieren. Also geht es weiter und dann um 23 Uhr sehe ich Lichter hinter mir. Ein Almbauer, der auf den Kallbrunnalmen war, fährt zurück nach Ramsau und kann mich mitnehmen. Ich bin zutiefst erleichtert und bedanke mich überschwänglich bei ihm. Um halb zwölf bin ich endlich wieder am Auto. Sieben Stunden habe ich für den Abstieg gebraucht und obwohl die Heimfahrt ebenfalls nicht gerade angenehm ist, bin ich einfach nur froh, nicht mehr laufen zu müssen. Es war dann doch keine Prellung, sondern ein Muskelfaserriss mit massiver Einblutung in den Oberschenkel und die Reparatur des Handys wird 200 Euro kosten.


Ueberschreitung-Hochkaltermassiv

Ueberschreitung-Hochkaltermassiv

Ueberschreitung-Hochkaltermassiv

Ueberschreitung-Hochkaltermassiv

Ueberschreitung-Hochkaltermassiv




12. Juli 2021
Watzmann Ostwand - Kederbacher Weg

Nach dem fehlgeschlagenen Versuch im vergangen Jahr war die Randkluft in diesem Jahr zum Glück noch gerade so passierbar und wir konnten mit dem Kederbacher Weg, die wohl hochalpinste Route der Berchtesgadener Alpen klettern.


Watzmann-Ostwand-Kederbacherweg

Watzmann-Ostwand-Kederbacherweg

Watzmann-Ostwand-Kederbacherweg

Watzmann-Ostwand-Kederbacherweg

Watzmann-Ostwand-Kederbacherweg

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