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SEBASTIAN STEUDE
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Elf Tage lang geduscht - Unterwegs auf dem Western Way

Es gibt eine Zeit, in der Irland, diese grüne Insel inmitten der rauen Fluten des Atlantiks, nicht völlig grün ist. Eine Zeit, in der die Sümpfe und das unwirtliche Ödland im Westen in satten Rot- und Orangetönen erstrahlen und einen wunderbaren Kontrast zu den saftigen Wiesen und immergrünen Nadelwäldern bieten.

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Es nieselt, als ich Anfang November Galway an der irischen Westküste erreiche. Die quirlige Studentenstadt eignet sich perfekt als Ausgangspunkt für den über 200 Kilometer langen Western Way, der von hier aus durch die Countys Galway und Mayo bis zum kleinen Städtchen Ballina führt. Hier kann man Besorgungen erledigen und noch einmal ins irische Nachtleben eintauchen. Zahlreiche Pubs bieten Livemusik an und selbst an einem normalen Montag ist in Galway mehr los als in den meisten deutschen Provinzstädten am Wochenende.

Am nächsten Morgen fahre ich mit dem Bus zum offiziellen Startpunkt des Weitwanderwegs, ein 40 Minuten weiter nordwestlich liegendes Dörfchen mit dem für deutsche Zungen äußerst schwer auszusprechenden Namen Oughterard. Das Wetter ist überraschend gut und die ersten 15 Kilometer über einsame Nebenstraßen am Lough Corrib eignen sich perfekt zum Einlaufen. Im anschließenden Lackavrea Forest zeigt der Trek dann zum ersten Mal sein zweites Gesicht. Die Landschaft präsentiert sich plötzlich äußerst rau und ein fünf Kilometer langer Bohlenweg führt durch den abgelegenen und extrem sumpfigen Wald. Andere Menschen sind nun keine mehr zu sehen. Die nächsten Tage geht es in diesem Rhythmus weiter. Ruhige Landstraßen, die durch dünn besiedeltes Farmland führen, wechseln sich ab mit rauen Viehwegen durch menschenleeres, sumpfiges Heideland oder einsame Wälder. Während der großen Hungersnot in der Mitte des 19. Jahrhunderts gehörte die westliche Region Connacht zu den am schwersten betroffenen - „zur Hölle oder nach Connacht“ war lange Zeit ein geflügelter Spruch und viele Bewohner wanderten nach Amerika aus oder verhungerten elend. Noch heute zeugen die steinernen Überreste alter Farmhäuser überall in der Region von der Not, die damals herrschte.

Neben der bereits angesprochenen und absolut hervorzuhebenden Farbenpracht im Spätherbst sollte vielleicht nicht unerwähnt bleiben, dass der November zu den Monaten mit den höchsten Niederschlägen in Irland gehört – und genau dies scheint er auf der dritten Etappe auch unmissverständlich unter Beweis stellen zu wollen. War die Nacht zuvor noch windstill, so entwickelt sich am folgenden Morgen ein ausgewachsener Sturm, der den stundenlang andauernden Regen waagerecht über die baumfreie Hochfläche peitscht und gegen den meine Regenbekleidung jämmerlich versagt. Die allgegenwärtige Nässe macht es nicht gerade einfach, die nötige Motivation aufzubringen, um am nächsten Morgen schwer bepackt aufs Neue loszuziehen. Normalerweise dürfte der folgende Abschnitt, der unmittelbar am Ufer des Erriff River entlang führt, ein absolutes Highlight sein – welches Ausmaß der Regen vom Vortag hatte, merke ich allerdings, als ich irgendwann mitten auf dem Trail bis zur Hüfte im kalten Wasser stehe. Zum Glück bessert sich das Wetter an den folgenden Tagen etwas. Es bleibt zwar sehr wechselhaft, dennoch gibt es auch immer wieder trockenere Abschnitte und der Wind lässt ebenfalls ein wenig nach. Am Abend des fünften Tages erreiche ich schließlich Westport. Die kleine Hafenstadt zu Füßen des berühmten Pilgerbergs Crough Patrick liegt fast genau in der Mitte des Weges und bietet sich an, die Vorräte aufzufüllen und eventuell einen Ruhetag einzulegen.

Ungefähr 25 Kilometer nördlich von Westport beginnt mit dem Letterkeen Forest das erste von zwei großen Waldgebieten, die den Trek nun für die nächsten 60 Kilometer prägen. Ehemals ebenfalls baumlos wurde in den 50er Jahren damit begonnen, die Gebiete wieder aufzuforsten und in Letterkeen wurde mit der Wild Nephin Wilderness Area sogar Irlands bisher einzige Wildniszone ausgewiesen. Spätestens hier wird man ohne Zelt Schwierigkeiten bekommen und auch wenn Wildzelten in Irland offiziell verboten ist, scheint es in der Praxis keine Probleme zu geben, solange man sich entsprechend verhält. Am Beginn des Sheskin Forest, des zweiten großen Waldgebiets, treffe ich zufällig auf eine Polizeistreife, die mir dann sogar noch einen Tipp gibt, wo es sich am besten zelten lässt. Die Iren erweisen sich sowieso grundsätzlich als sehr freundlich und aufgeschlossen. Fast alle Autofahrer grüßen mich einsamen Wanderer und so oft wie in diesen elf Tagen bin ich ebenfalls auf keiner meiner bisherigen Reisen angesprochen worden. Die Menschen zeigen sich äußerst interessiert und sind wohl auch etwas beeindruckt, welche Strapazen der „crazy german guy“ zu dieser Jahreszeit auf sich nimmt, um ihr Land zu erkunden.

Nachdem ich den vor Nässe nur so triefenden Sheskin Forest hinter mir gelassen habe, beginnt der letzte Abschnitt meiner Reise. In unmittelbarer Nähe zum Atlantik führt der Western Way über ruhige Landstraßen zwischen den nun typischen saftig grünen Schafweiden über die Kleinstadt Killala nach Ballina. Nach all der Natur der letzten anderthalb Wochen gibt es hier mit dem Rundturm von Killala und dem Kloster Moyne auch das nötige Kultur-Pendant. Beide gehören zu den nationalen Monumenten Irlands und am Kloster habe ich endlich einmal Glück mit dem Wetter. Es regnet. Und das steht dem uralten, verfallenen Gemäuer bedeutend besser als jeder Sonnenschein. Die letzten Kilometer nach Ballina verlaufen über die gleiche Route, die die französischen Truppen von General Humbert während ihrer Mini-Invasion von 1798 nahmen. Ein Abenteuer, das bereits nach einem guten Monat wieder vorbei war, an das aber noch heute überall Gedenktafeln erinnern.

Irland hat es mir nicht gerade leicht gemacht. Abgesehen von der ersten Etappe hat es an jedem weiteren Tag geregnet und an drei Tagen war der Regen so stark, dass ich nass bis auf die Haut wurde. Dennoch weiß ich schon jetzt, dass das schlechte Wetter im Rückblick verblassen wird. Bleiben werden vor allem Erinnerungen an all die Ruinen, die farbenprächtigen Sümpfe und Hochflächen, die kilometerweiten Ausblicke und die freundlichen Menschen, die auf dieser rauen Insel mitten im Atlantik leben.


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© 2024 Sebastian Steude

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